22.07.2021 Emsradweg Rhede b. Papenburg nach Ditzum am Dollart
Letzter Tag auf der Reise die ganze Ems von den Quellen in der Senne/Teutoburger Wald bis an den Dollart hinunter nach Ditzum gegenüber von Emden, das Finale!
Und wer hätte gedacht, was für ein Finale das wird.
Während die Kollegin im Landhotel des abends eher der Muffelchen-Fraktion angehörte, strahlte eine Frühstücksfee mit sich selbst um die Wette, hatte Humor und zeigte einen guten Musikgeschmack für die Frühstücksmusik. Sie holte alles wieder raus.
Aufgestanden wurde früh, es waren ja auch geschätzte 65 Kilometer zurück zu legen. Doch vorher ging es in einen nahen Versorger, um frisches Mineralwasser zu bunkern. Rhede verfügt zudem noch über einen großen Supermarkt, es gbit also keinen Mangel dort.
Also hopp ab und über die Emsbrücke und - stutzen. Noch vor der Brücke gab ein Bündel von Radwegausschilderungen Auskunft; nach Weener wäre es direkt kürzer, Papenburg stellte sich hiermit als Umweg heraus. So fiel die Entscheidung gegen den Anblick der imposanten Meyer-Werft und für die Abkürzung.
Also von Rhede (Ems) emsabwärts den Deich entlang. Die Strecke war dazu auch noch gut asphaltiert und bestens befahrbar, am Anfang zumindest.
Rhede hat noch sowas wie einen alten Ems-Arm oder ähnlich, dort lagen Motorboote direkt vor Einfamilienhäusern und Villen an eigenen Stegen. Das sah gut aus und erinnerte mich an Alltägliches in den Niederlanden. Und an eine Werbung, mein Auto, mein Haus, mein Boot...
Über Diele und Stapelmoor (pdf) ging es auf Weener zu, alles lief klasse, bis ich Heini (für Heinrich) traf, just als ich in meinen Reiseführer blickte, ein sehr netter Kerl und hilfsbereit. Der Heini gab mir auch den Tipp, eine kurze Holperpiste entlang Richtung Deich zu fahren und dann links ab zu biegen, das wäre schöner und ein guter Weg Richtung Leer.
Das war letztendlich Quatsch, denn ich landete bei Halte an der Ems, was mir dann doch noch einen Blick auf die Meyer-Werft gewährte. Dort entstand irgendeine neue AIDA, irgendwas mit 10 oder 12 Passagierdecks, heißt über 2000 Passagieren.
Muss das?
Nein.
Auf weiter den Deich entlang nach Weener, unter uns, das war der echte Umweg in der Abkürzung.
Weener war klasse, Weener gefiel. Eine neue Marina für den Yachtsport mit endlich reichlich Seglern erfreute den Segelfreund, ein paar Meter im alten Hafen lagen ein paar historische Schiffe. Das Ortsbild ist wieder nett und freundliche gestaltet.
„Puppenstübchen“ nannte es eine Dame im Hotel in Ditzum, sie lebt in Lingen mit seiner netten Fußgängerzone und war mit Freundin und Rad für eine Nacht in Ditzum. Das mit den Puppenstübchen konnte ich gut nachvollziehen und empfand den Ausdruck als nette Bezeichnung für die Orte und Städte, so auch Lingen und wie hier im hübschen Weener,
deren Häuser selten mehr als zwei/drei Etagen haben und oft eben im roten Ziegel
oder Ziegelfachwerk errichtet sind.
Beidseitig bis mitten in den Radweg hinein baute man in Richtung Hafenausgang eine Allround-Kaffee-Eis-Snack-Imbissbude mit reichlich Sitzgelegenheiten. Ja genau, Stopp! Sofort Kaffee und Eis fassen. Da traf ich dann auch ein Paar aus dem Landhotel in Rhede wieder, denen ich Weener als Tagesausflugsziel empfahl. Sie waren begeistert. Ich auch.
Auf das Rad und auf den Deich, zumindest ein paar Meter. Das Wetter war wieder freundlich um die 21/22 Grad, bewölkt und wieder Gegenwind,
klar, den hätte ich sonst auch sowas von schmerzlich vermisst!
Der nächste diesmal kalkulierte Umweg stand bevor, Leer (Ostfr). Dazu ging es in Bingum über die Jann-Berghaus-(Klapp-)Brücke über die Ems und über Umwegen nach Leer rein.
Auch hier war ich wieder begeistert, wieder eine gut gestaltete Innenstadt mit weitläufiger Fußgängerzone und jede menge Abwechslung. Dazu hat man die Promenade entlang des alten Hafens ebenfalls nett gestaltet, dort lagen dann auch wieder interessante Schiffe. Ein Fahrgastschiff legte zum Ems-Törn ab und hupte kräftig. Hafen eben.
Wenn ich jetzt einmal die Linie Lingen-Meppen-Haren-Rhede-Weener-Leer denke (Papenburg fiel ja aus, Entschuldigung), dann kann ich nur sagen, Ostfriesland und Lageweile? Garantiert nicht! Hierhin kann ich mir einen Städtekurztripp sogar in der Winterzeit vorstellen, denn Weihnachtsmärkte und Glühwein haben sie dort bestimmt alle. Und Puppenstübchen und Weihnachten passen einfach gut zusammen, oder?
Siehe Foto rechts Innenstadt Leer. Vom feinen Hafen pflege ich noch welche ein.
Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja beim Kaffee. Die zweite Tasse wird gerade gebracht, ich sitze gerade auf der Terrasse meines Hotels in Ditzum, schaue den Hummeln im Blütenmeer der Stauden zu, die jetzt Verstärkung von drei Schmetterlingen erhielten.
Zurück nach Leer. Ich holte mir Verstärkung aus einem Geldautomaten und suchte meinen Rückweg zur Brücke. Und suchte. Und fluchte. Also ehrlich, liebe Leute, an der Radegeausschilderung muss bei euch noch einiges gemacht werden. Hier kam noch erschwerend hinzu, dass Teile der Innenstadt für einen Helikoptereinsatz gesperrt waren, Rettungshubschauber? Eher Filmaufnahmen wegen der privaten Security? Das Merkel in Leer? Keine Ahnung, auch nicht vom Weg. Das Navi half dann aus der Patsche.
Später sah ich dann mal die Frieslandkrimis im TV, die in Ditzum und Leer spielen, War das der Grund für die Absperrungen?
Nur noch 20 km bis nach Ditzum, nur noch 20 Kilometer bis ins Ziel! Der Radweg ging mit Ausnahmen. Diesmal gab es auch eine Abwechslung. Alle drei Meter war der Asphalt für eine Bitumenfuge oder sowas unterbrochen, der oder das Bitumen aber schon längst fort. Tacktack, Tacktack, Tacktack...
Wir schaffen das!
Jemgum! Prima, jetzt sind es nur noch zwölf Kilometer bis Ditzum, alles unterm Deich entlang, von der Ems keine Spur; so geht das nicht. Angehalten und über den Deich geschaut und siehe da, ein Küstenmotorschiff lag bewegungslos in der Fahrtrinne, Anker auf. Was soll das? Warten die auf eine Freigabe? Plötzlich wendete das Kümo und stellte sich als ein Arbeitsschiff mit Baggern heraus. Es motorte aber nicht weiter. Hm. Ich aber.
Der Gegenwind nervte, kam ich in eine Abdeckung, kam ich auf 50% mehr Geschwindigkeit. Mittlerweile fand ich eine andere Lenkerhaltung heraus mit der ich gerader sitzen konnte, gut für den Rücken, tat nicht ganz so weh.
Hatzum! Prima, jetzt sind es nur noch vier Kilometer bis nach Ditzum da sah ich das Schaf. Es lag platt und halb auf dem Radweg und sah fertig aus. Sehr fertig und röchelte. Am Ort sah ich einen Menschen, eine Dame im Rollator aus der nahe Pflege, sehr nett, kannte aber keinen in Hatzum. Also die 110, die Freund*innen und Helfer*innen. Die wollten die Nummer am Ohr das Schafs haben, also wieder zurück zum maladen Schaf. Das war weg. DummSau. Demnächst lautet die Antwort auf die Frage:
„Hähnchen oder Lamm?“
„LAMM!“
Ditzum ich komme! In der Ferne sah ich bereits Kirchturm und Mühle. Beim Näherkommen die Masten der Segelyachten doch vorher musste ich noch durch eine Herde von Schafböcken, darunter ein Einhorn.
Kurz vor Ditzum schlug links der Tourismus zu. Ein riesiger Wohnmobilhafen. Die standen da mit über 100 Fahrzeugen dicht an dicht, manchmal nur fünf Meter von einander entfernt, wenn Campingtische aufgebaut, dann war der Abstand nur noch ein Meter. Ich stellte mir eine Frühstücksszene von einem Wohnmobil zum anderen so vor:
„Würden Sie mir bitte freundlicherweise einmal die Butter rüberreichen?“
"Gerne auch zweimal."
"Wir haben noch Orangenmarmelade."
"Möchte jemand ein Ei?"
Ist das die beschworene Freiheit auf vier Rädern?
Hm.
Ich würde die Tische wenigstens zusammenschieben.
Ditzum! Prima, jetzt kurz vor dem Hafen links ab einen sehr schmalen Weg über das wohl letzte Schafgitter des Tages, kurzes Innenhalten auf der Hauptstraße
(Foto Ditzum Hauptstraße, Fotos vom Hafen kommen morgen dran)
Juhuu, wieder in Ditzum, wie schön, wieder hier zu sein. Ab zum Hotel, ab zum Finale.
Mein Drahtesel vor dem Hotel am Fischerhafen angebunden, was mit Stroh abgerieben und mit Heu gefüttert, da hörte ich ein Klapp im Büro des Hauses, Fenster zu. Klapp, Bürotür zu. Ich ab zur Hoteltür mit Schild, "Rezeption bis 18.00 Uhr besetzt, sonst Probleme" stand da.
Es war 18.45 Uhr und es gab Probleme.
Ruhe bewahren und Text genau durchlesen.
Aaaah, Mobilnummer anrufen!
„Hier ist die Profimailbox von...“
Arrg. Verdammt.
Nochmal.
Hier ist die...
Ruhe bewahren.
Man sollte eine Klingel betätigen, es würde sich jemand über die Sprechanlage melden.
Vonwegen, nach mehrfachen Versuchen aufgegeben.
Wieder die Mobilnummer.
Hier ist die...
Da hing noch eine Nummer des Schlüsselwarts im Brandfall, Juchuuuu!
„Die Nummer ist nicht vergeben!“
WAS?
In echt.
Hotelgäste wollten mich mit meinem Gepäck reinlassen, wollte ich aber nicht.
Wieder die Mobilnummer.
Hier ist die Profi...
Das Hotel versuchte mich nach 18.00h noch telefonisch zu erreichen. Hörte ich aber nicht, demnächst stelle ich das Mobile auf knallelaut. Schafe sind eh egal.
Am Eingang befand sich ein Schlüsselkasten. Eins und Eins ergeben Zwei, da musste mein Schlüssel drin sein!
Ein simples Zahlenschloss mit drei Ziffern.
Früher konnte ich sowas knacken. Es knackte auch einmal bei einer Ziffer, dann knackte nichts mehr.
Wieder die mobile Rufnummer
Hier ist die Profi...
Was nun folgte war von strafrechtlicher Relevanz, kann ich also meinen besorgten Leserinnen und Lesern nicht berichten. Nur soweit vielleicht: obwohl Schreibtischtäter hat mich mein väterliches Erbe mit kräftigen Fingern gesegnet. Die wurden früher von viel Volleyball und heute vom kräftigen Lenkerhalten gestärkt.
Ich bezog Zimmer 1.
67,41 km - von wegen Abkürzung.
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