17.07.2021 EmsRadweg von Wiedenbrück nach Warendorf-Einen
Also, der Tag hatte es in sich.
Das hübsche Patrizierhaus Pension Kardinahl verließ ich nach einem feinen Frühstück; selbst gebackenes Vollkornbrot, lecker Käse, alles verziert mit essbaren Blumen, ÜF im EZ übrigens nur 35,00€, mit Blick auf spätere Übernachtungspreise sensationell günstig.
Rheda und Wiedenbrück werden durch die Autobahn getrennt, beide Ortsteile haben kleine historische Zentren mit viel Fachwerk bis ins 17. Jahrhundert. Dazu passend der Fahrradladen LivingClassics mit historischen Rädern, so z. B. ein Miele-Rad, sah auch nicht aus wie eine Waschmaschine.
Die Stadt hat die Ems sehr gut ins Stadtbild eingebunden. In beiden Ortsteilen gibt es kleine Parks, Wiesen entlang des Flusslaufs - Blühwiesen! - Rheda-Wiedenbrück weiß wie es geht. Dazu Baumbestand, Falter und Vögel. Klar, hier wird kein Glyphosat versprüht. Flora-Westfalica-Park heißt das grüne Gelände an der Ems und ist zurück zu führen auf eine Landesgartenschau; das hat man sich gut erhalten in R-W!
Ich kurvte etwas durch die Ortsteile, doch weder Museum noch Schloss konnten mich zu weiteren Besichtigungen überreden.
Dann bewegte ich mich abwegig. Irgendwie hatte ich den Anschluss verpasst, wahrscheinlich hätte ich der Radwegeausschreibung Richtung Gütersloh folgen sollen, doch da wollte ich überhaupt nicht hin. Die Beschilderung ist echt suppenoptimal, das Logo des Emsradwegs, ein doppeltes E mit blauer Flusslinie dazwischen, könnte man eigentlich an ALLE Emsradweg-Schilder hängen, das würde vieles vereinfachen.
Hängte man aber nicht.
Also fuhr Mann falsch.
Ich landete im Ort Herzebrock, das war nicht weiter schlimm, denn nach nur 25 weiteren Kilometern hätte ich mein Ziel Warendorf erreicht.
Herzebrock begrüßte den interessierten Bahnfan mit einem auf privatem Grund abgestellten Dampfkran von 1906, der sah noch sehr gut erhalten aus. Ganz in der Nähe befand sich eine eingleisige Dieselstrecke, der interessierte Bahnfan radelte zum Bahnhof. Und siehe da, der war hübsch hergerichtet. Der erste Fahrplan den ich erblickte war von 1986 und hing in dem aufgelassenen Stellwerk, welches sich museal hergerichtet zeigte. Die Hebel für Signale und Weichen, Telefone, Mikrofon und selbst die alten Stempel mit Stempelkissen standen auf dem Arbeitstisch bereit, man hätte sofort anfangen können.
In OWL Ostwestfalen-Lippe gibt man sich überhaupt sehr viel Mühe, die Ortskerne nett zu gestalten. Wusstet ihr, dass OWL in NRW die niedrigste Arbeitslosenquote hat? Nicht ohne Grund, man ist hier gerne EMSig, so ein Werbeslogan.
Weiter geht`s!
Ich bin direkt über Herzebrocks vielleicht schönsten Platz vor Kloster und Kirche gefahren. Ein Ort der Stille, kaum Verkehr, ein kleines Café sonst ringsum kleine Häuser, viel Grün und alte große Bäume. Sehr fein.
Der Landstraße entlang ging es in Richtung Gütersloh (Mist ausgeschildert) und dann bald Richtung des kleinen Ortes Groppel, wo von man bisher nie hörte. Es sollte nicht direkt nach Warendorf, sondern zurück zur Ems und dann dem Fluss entlang gehen.
Da nahm das Unheil seinen Anfang.
Gegenwind, vierkant von vorn und nicht zu knapp!
Manno.
Kurz hinter der ebenso nahezu unbekannten Siedlung Quenhorn überraschte die Landstraße mit Straßenlaternen.
Jeweils drei auf jeder Straßenseite.
Nun sind Straßenlaternen nichts Ungewöhnliches, die da dort dennoch.
Die Leuchtkörper waren nämlich nicht auf die Straße, sondern auf die Wiese ausgerichtet.
Warum bloß?
Ich konnte es nicht herausfinden.
Vielleicht dient folgender Hinweis interessiert Suchenden:
Halteverbot auf der Landstraße mittwochs von 15.00 bis 23.00 Uhr.
Vielleicht hat es ja auch mit dem nahen Militärflugplatz zu tun und die üben nur mittwochs Starten und Landen.
Für Hinweise bin ich dankbar.
Ich freute mich weiter über den Gegenwind und steuerte Marienfeld entgegen. Nach dem Ort biegt der Radweg nach Westen ab; der Wind drehte mit, verdammt!
Die Ems ist übrigens kaum zu sehen, ab und zu wird sie gequert, das ist alles. Dafür ging es manchmal durch den Wald, was sehr schön schattig ist, denn die Sonne kam gut raus, es wurde immer wärmer. Bald passierte ich die Boomberge (hier ist jeder Hügel ein Berg), Binnendünen die Naturschutzgebiet sind. Flott an Harsewinkel vorbei und ab in den Gegenwind Richtung Warendorf. Hier gab es wenigstens etwas Nähe zur Ems und ich übersah wohl mal wieder ein Schild. Da ich zunehmend platt war, wählte ich einfach die Bundesstraße mit Radweg mit der parallel verlaufenden Dieselstrecke. Die tuteten bei jedem P-Schild (P meint Pfeifen) an jedem agraren Bahnübergang. Es gab sehr viele Pfeifen-Schilder.
Bald rollte ich in Warendorf, die Stadt des Pferdes ein.
Endlich.
Ich fuhr bereits in eine Art Hungerast hinein, nicht gut das. Zum Glück konnte ich kurz vor dem Ort noch ein großes Eis erwerben, der Zucker verlieh Flügel.
Dort in Warendorf sollte mein Hotel sein. War es aber nicht. Kleiner Aufmerksamkeitsfehler bei der Planung, es lagt in Warendorf-Einen, einem Nebenort circa sieben Kilometer weiter westlich entlang des Emsradwegs und mitten im Gegenwind.
Also sparte ich mir Olympiastützpunkt - Tiere und Reiter*innen sind eh mit einer Sondermaschine gerade in Tokio - und andere Höhepunkte. Der einzige war für mich ein mir geneigter Geldspendeautomat in der Fußgängerzone Warendorfs.
Auch hier hat man Rad-Schilder vergessen, doch der geneigte Bahnfan orientierte sich anhand Karte und Bahnhof und war bald wieder auf der richtigen Piste.
„Nein, Abendessen haben wir nicht“, sagte die Wirtin meiner Unterkunft, dem sehr schönen Landhaus Schulze-Osthoff, „gehen Sie doch einfach in den Westfälischen Hof, dorthin habe ich auch andere Gäste geschickt.“
Grund war Corona, die Gäste blieben bis auf Monteure aus, das Personal wurde reduziert.
„Das ist aber nicht das, was ich mir vorgestellt hatte", antwortete ich enttäuscht und fragte weiter „haben Sie denn nicht noch einen Kartoffelsalat oder irgendetwas in der Richtung?“
Auf Wanderschaft zu gehen, dazu hatte ich null Bock.
„Möchten Sie denn vielleicht ein paar Bratkartoffeln?“
„Ja klar gerne!“
„Mit zwei Spiegeleiern?“
„Immer!“
„Ich gucke ob ich noch Kartoffeln habe.“
Hatte sie, auch noch Bohnensalat.
„Möchten Sie vielleicht noch eine Suppe?“
Das war eine Rindfleischsuppe.
„Sagt Ihnen Hochzeitssuppe etwas, ich habe sie noch von einer Veranstaltung heute Mittag übrig?“
Also gab es ein improvisiertes und schmackhaftes Abendessen dazu lecker Bier vom Fass.
Danach bewegte ich mich in den kleinen Park der Anlage.
Das Landhaus ist ein zum Teil aufgelassener Bauernhof oder Gut, im Haupthaus und Anbau befinden sich 22 Zimmer mit 43 Betten, davor ein großer Garten mit zwei Gartenhäuschen. Das alles im typischen Münsterländer Stil, Fachwerk mit rotem Ziegel. Sehr hübsch, sehr warm und anheimelnd.
Ich setzte mich mit ein paar weiteren Bierchen an eines der beiden Gartenhäuschen und lauschte den vielen Vögeln. Man war ich platt, einer der Vögel lachte mich aus, so empfand ich es; eine Spottdrossel vermutlich? Mit anderen Gästen wurde die Frage alsdann erörtert, Ergebnis, es war eine Singdrossel mit ihrem herrlichen Repertoire.
So, nun es geht in den 3. Tag und Richtung Greven, doch diesmal ist das Hotel sicher VOR Greven geplant, damit eine kurze Strecke und das ist gut so.
Reisebericht Emsradweg von den Emsquellen in der Senne bis zum Dollart und weiter an die Nordsee
- 16.07.2021 Anreise nach Hövelhof und 1. Etappe per Rad zu den Emsquellen. Weiter über Stock, Stein und den Emsradweg nach Wiedenbrück
- 17.07.2021 Emsradweg 2. Etappe Wiedenbrück nach Warendorf-Einen
- 18.07.2021 Emsradweg 3. Etappe Warendorf-Einen bis Greven-Gimbte
- 19.07.2021 Emsradweg 4. Etappe Greven-Gimbte nach Gleesen (Emsbüren)
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- 22.07.2021 Emsradweg 7. Etappe Rhede bis ins Ziel nach Ditzum am Dollart
- 24.07.2021 Weiterfahrt mit Fähre nach Petkum und via Emden und Hinte nach Greetsiel, Aufenthalt und Tschüss Ostfriesland
- Emsradweg subjektives Fazit einer Radtour