29.07.2019 Besancon - Dole
Alles ist immer noch klamm, doch auf die Sonne warten machte keinen Sinn, zu viel Morgennebel zog auf. Beeindruckend, wie sich die Nebelwolken das Tal des Doubs entlangzogen. Was tun?
Nass einpacken!
Mein nächster Stop Dole sollte gut erreichbar sein – ca. 70 Km – und da könnte man doch noch den Rest trocknen, vor allem das Zelt?
Ja und los!
Zuerst ging es den gefahrenen Umweg von 5,5km zurück, dann weiter den Doubs entlang durch Besancon. Dort wurde ich erst einmal von der beeindruckenden Zitadelle oben auf dem Berg begrüßt, der vom Doubs fast in Gänze umflossen wird.
Besancon hat es!
Sollten Sie eher Hotels bevorzugen denn Camping, buchen Sie sich bitte etwas Schönes mitten in dieser Stadt. Dort haben die Stadtmütter und -Väter aufgepasst, die Promenade und das Subzentrum unterhalb der Zitadelle haben echte Lebensqualität. Auf dem zentralen Platz verkehren nur noch Fußgänger*innen, Radelnde und die Straßenbahn.
Umsäumt wird er von Cafés und Restaurants. So soll es sein. Auf der anderen Seite – der Spruch mit der Medaille kommt hiermit – sind typisch französische Wohnhochhäuser zu sehen. Sie werden zum Glück später besonders in
Ufernähe von eher klassischen Gebäuden abgelöst.
Besancon machte Spaß, auch die mich an Düsseldorfer Umweltspuren erinnernde Bus- und Radspur. Sowas hat man hier wohl schon länger…
Der EuroVelo 6 und Dole riefen. Wer hier denkt, mit den Felsformationen entlang des Flusses wäre nun Schluss, nein, der irrt, es ging wunderschön weiter. Die Sonne kam heraus und nun konnte ich endlich dieses schöne Fluss- und Felspanorama richtig genießen.
Nach fast zwanzig Kilometern brach mir am Hinterrad eine Speiche. Uff. Eine weniger sollte ja gehen, doch bei mir fuhr nun erst einmal die Angst mit. Dies legte sich aber wieder. Also gezwungen heiter aber vorsichtig weiter. Hohe Geschwindigkeiten bestmöglichst meidend, auch wenn die Asphaltstrecke hier meist in gutem Zustand und ohne überraschende Hubbel verlief.
Unterwegs fühlte ich mich mit Blick auf ein paar näher rückende Felsen und den Fluss an die Loreley oder den Donaudurchbruch erinnert. Nur, dass hier viel weniger Betrieb war. Das ist das Schöne an diesem EuroVelo 6, dass er zumeist entlang der Kanäle und Flüsse auf deren ehemaligen Treidelpfade und ohne Autoverkehr führt.
So langsam öffnete sich das Tal, eine Art Durchbruch ist zu erkennen, denkste, dauert noch. Doch bald war es soweit, das Tal des Doubs wurde weiter und weiter. Es ging auf den Park von Osselle mit seinen zwei Campingplätzen zu. Der Magnet ist ein Spaßzentrum in der Nähe und eine imposante zu besuchende Kalksteinhöhle mit fulminanten Stalagmiten.
Ich hatte es noch nicht wieder mit Tropfen.
Ich wollte weiter. Ich war irgendwie alle, der gestrige Regentag beanspruchte mich wohl stärker als gedacht. Doch irgendwie war ich froh, die Regenstrecke geschafft zu haben, wollte keine Memme sein.
Noch 35km bis Dole. Puh. Und so langsam bekam ich Hunger. In der Ferne tauchten Berufsschiffe auf, alle jedoch festgemacht. Da war die Überraschung groß, als ich eine sehr alte Ente (Ich bin 2CV-Fan) erblickte. Sogar mit nach hinten aufgehenden Türen. Schon schön alt.
Die nächste Überraschung war ein Tunnel, den ich erst als Mariengrotte einstufte. Von wegen. Wie auch immer, wer auch immer mit einem Boot da durch will, ersiees bekommt dort eine hübsche Tunneltaufe. Siehe Foto.
Über den Berg rüber, da sah ich das Ende (oder Anfang?) des Tunnels und konnte hindurch schauen. Tunnelblick. Keine Symptome des großen Hungers. Klar wollte ich abnehmen, aber im Bauch kniff es schon sehr und auf den sog. Hungerast hatte ich Null Bock.
Da kam endlich Ranchot in Sicht. Und was ich erblickte war eine Bar. Eigentlich Hotel Restaurant Le Galoubin und Bar. Aber Bar las ich eben zuerst. Mit quietschenden Reifen eingepackt und ab an einen freien Tisch. Das Restaurant hatte zu.
Ach je.
Die nahe Boulangerie auch (Montag!).
Ach je!
Wenigstens einen Café und meine geliebte Orangina, die hier im Gegensatz zur bisherigen Reise zum ersten Mal in einer Glasflasche serviert wurde. OK prima, noch eine!
Meine wohl entsetzlichen Hungerklagen wurden am Nebentisch mitgehört, Madame fragte mich, ob sie mir mit einem Sandwich aushelfen könnte.
"KLAR!" rief mein Bauch.
Sie lief zu ihrem Fahrrad und brachte mir ein halbes dunkles Brot und eine halbe Pastete. Hm. Speisen wie Gott in Frankreich. Ich bedanke mich sehr sehr höflich:
"Vous rescue moi, Madame!"
Bestimmt falsch, kam aber richtig an.
Bis Dole war es nicht mehr weit. Es ging zum Teil zwischen Kanal und dem Doubs entlang, die sich manchmal trafen und gemeinsam verliefen, wie hier kurz vor Audelange, siehe Foto.
Kurz danach kam mir das erste fahrende Berufsschiff entgegen, die Jeannine, ein schlankes für hiesige Schleusen geeignetes Flusskreuzfahrtschiff. Klar machte ich ein Foto. Ein mit sich und der Welt wohl im Reinen befindlicher älterer Herr winkte mir lebhaft zu. Der sah tiefenentspannt aus. Mache ich in zwanzig Jahren auch so eine Reise und winke Radfahrenden zu? Möglich, denn Fahrräder waren auch an Bord zu sehen.
Seit Besancon sind übrigens reichlich Radfahrende unterwegs. Viele Radsportler mit Rennrad und verkniffene Mountainbiker. Ich habe nix gegen sie, aber es ist echt festzustellen, die gucken verkniffen. Weil sie nicht bei der Tour de France mitfahren dürfen, wie die Rennräder? Diese nun fetzen hier ganz schön rum, die Übertragung der Tour-Etappen spornt wohl noch zusätzlich an.
Und immer wieder Radtouristen. Radtourismus ist hier ein Wirtschaftsfaktor. und wird mit INTERREG-Mitteln gefördert.
Kurz vor Dole gab es doch noch Mal richtig Felsformationen. Sie reichen bald bis ans Ufer heran, findige Touristiker bieten hier Klettern an, was in einem Fall von einer ganzen orange gekleideten(!) Gruppe niederländischer Jugendlicher wahrgenommen wurde. Lauter orangene Punkte mit abgespreizten Armen und Beinen im Fels.
Schön waren die Häuser, deren Rückseiten man fensterlos an die Felsen baute. Zwischen den Gebäuden und dem Fluss lag dann nur noch die kleine Anliegerstraße. Das gefiel mir schon sehr.
Das ehemalige Hotel Monplaisir direkt am Kanal kurz vor Dole hatte es mir angetan. Hier direkt am Kanal eine preiswerte Herberge für Radreisende errichten? Plus Bar für die NachBARschaft? Hätte was, wenn ich jünger wäre, vielleicht.
Es geht auf Dole zu. Und wie schön! Meter dicke Platanen säumten das Kanalufer und luden zum Verweilen ein.
Langsam und genießend radelte ich weiter, ich fuhr keine Tour de France, ich will nur noch zu meinem Campingplatz in Dole. Zudem bekam ich langsam doofe Rückenschmerzen. Für meine Langsamkeit wurde ich mit dem Anblick der Kirche von Dole überrascht und belohnt.
Ich schaute auf die Brücke und dachte mir, du erzählst später, du hättest hier stundenlang verbracht, bis endlich eine Ente die Brücke überfuhr. So schnell war ich dann fast nicht mit dem Foto, es klappte nämlich sofort; es zeigte sich innerhalb von 60 Sekunden eine quietschgelbe Ente, die auch noch links zum Wasser abbog, so dass ich ihr niederländisches Kennzeichen erkennen konnte.
Zum Campingplatz Camping le Pasquier musste ich auch über die Brücke und an den ehem. Berufsschiffen entlang – mehrere hundert Meter nur solche alten Schiffe, zum Teil zum Verkauf plus einer gelben Ente, die mir hier wieder entgegen kam. Wir winkten (Entengruß) uns zu.
Der Platz war erreicht, schnell eingecheckt, Zelt aufgebaut, alles zum Trocknen raus.
Duschen!!!
Angekommen.
Neben mir campte ein Amsterdamer Radkurier, dann landeten noch Vater und Sohn per Rad aus Bern nebenan. Sehr fein das.
Ich zeltete fast direkt an der Eisenbahnbrücke und freute mich als Bahnfan bereits auf die Züge, doch Essig, die Strecke ist still gelegt.
Es ist jetzt. 21.11 Uhr, um 22.00h macht die Bar zu, da hüpfe ich jetzt noch schnell hin. OK?
Prost.
70,50 km
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