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Reisebericht Rheintour 2018 Tag 2
Auf dem EUROVELO 15 vom herrlichen Kaiserstuhl weiter rheinabwärts bis Rheinau
Nach dem feinen Frühstück und langem Gespräch mit dem Hoteleigentümer des feinen Vulkanstübles über Achkarren suchte ich noch einen Winzer auf. Beim Bio-Weingut Isele kaufte ich einen „Gesprächswein“ und kurvte – nein, nicht Richtung Rhein – sondern hinein in die Weinberge.
Die Steigungen waren echt moderat, Radeln ist hier ein Genuss und Wanderwege gibt es hier zu hauf. Der hat was, dieser Kaiserstuhl. Und mitten durch die Weinberge, das hatte auch was. Als ich durch eine Serpentine hechelte, riefen mit zwei Wanderer an und empfahlen mir, nur 200 Meter Feldweg bis zu einem Aussichtspunkt zu rollen. Gemacht, getan und gefreut. Der Blick ging das Weinanbaugebiet Achkarren und seinem Dorf bis zu den jenseits des Rheintals gelegenen schemenhaft zu erkennenden Vogesen. Der Tipp lohnte, Danke!
Nur noch eine schöne Steigung, dann war es geschafft, ich rollte fein bergab bis nach Sasbach und strampelte zurück an den Rhein.
Es erfüllte mich mit etwas Wehmut, den Kaiserstuhl nun verlassen zu müssen. Wenn ich Amerikaner wäre würde mein Fazit zur Tour nach Achkarren und seinem Vulkan bestimmt lauten:
„Dam good idea!“
Bin ich nicht und auf der anderen Seite winkt Frankreich.
Am Rhein war es dann Ende mit fein bergab, im Gegenteil, jetzt begannen Qualen in Form von konstanten 25 km/h Gegenwind aus Nordwest. Puh!
Gegenan!
Nahe Weisweil links rauf auf den Dammweg zwischen Rhein und Canal und – willkommen in Frankreich! Wenigstens ein Stückchen Heimat meiner Ente wollte ich als Deuxchist ja nun doch fahren. Ich sah aber leider keinen 2CV.
Rennrad-affines Frankreich! Dafür begegnete ich einer fröhlich grüßenden Gruppe von 25 Rennradfahrenden im Seniorenalter, darunter auch viele Frauen. Die Fahrt ging nahezu problemlos bis Rhinau. Kurz vorher überquerte ich den Canal du Rhone au Rhin, von dem ich als Bootsfan schon sehr viel gelesen hatte. Wie schmal er ist!
Nahe Rhinau "reiste" ich mit einer kostenlosen „internationalen“ Fähre wieder zurück auf die rechte Rheinseite nach Deutschland. Das hätte ich vielleicht nicht tun sollen, denn liebe Leute, nun kam Meißenheim.
Und immer noch 25 km/h Gegenwind.
Doch bevor dieses Dilemma seinen Fortgang nahm, erblickte ich auf der französischen Seite die Rennradgruppe wieder und wartete die nächste von ihnen gut bevölkerte Fähre ab.
Fröhlich setzten sie ihren internationalen Tagesausflug fort.
Der Radweg hier war eher ruppig asphaltiert und alternativ lediglich geschottert. Doch der Blick auf den Fluss entschädigte.
Bis Meißenheim.
Hier hieß es, eine wirtschaftliche Anlage, sprich ein kapitales Baggerloch zu umfahren. Wie immer den ganzen Rheinradweg waren die Wege gut mit „Eurovelo 15“ ausgeschildert. Die Abwechslung, in einen Ort hinein zu fahren, ggf. einen Kaffee zu genießen und vor allem in einem Wäldchen dem doofen Wind zu entkommen, lockte sehr. Auf durch Meißenheim! Doch da gab es eine Baustelle, eine winzige Baustelle, der Radweg wurde umgeleitet und schon ging es heiter weiter. Der Ort wurde verlassen, es ging durch agrare Landschaften, durch ein Wäldchen, doch, eh, was ist das? Da kam mir aber einiges echt sehr bekannt vor. Ich fuhr letztendlich im Kreis und kehrte an meinen Ausgangspunkt am Rhein zurück. Himmel, was war ich sauer!
Wieder die verdammte Strecke zurück, bis zur Baustelle und Umleitung, doch halt, worauf falle ich hier jetzt rein? Ortsangaben gab es nicht, nur wenige Radwegzeichen. Ich fand auch keine weiteren brauchbaren Hinweise. Das Ganze kostete weit mehr als eine Stunde. Verdammt noch mal, verdammter Wind, verdammtes Meißenheim. Ich kann hier jetzt unmöglich schreiben, dass ich diesen dämlichen Ausschilderern wünschte, ihr Meißenheim würde mit einem Erdbeben versinken. Dies würde meine Stimmungslage an diesem Tag aber sehr deutlich spiegeln. Was tun? Ich zückte mein Mobiltelefon und orientierte mich ganz smart an den dortigen Kartenangaben.
Moderne Zeiten.
Bis zu meinem gebuchten Hotel in Rheinau lag noch eine gehörige Strecke. Als ich wieder den Rhein erreichte, fasste ich auch neuen Mut und kämpfte gegen den Wind an. Der blies nach wie vor. Ich erinnerte mich an eine Fahrt mit der Ente von Norddeutschland auf der A1 zurück nach Hause, wo es dermaßen wehte, dass ich nicht schneller als 80 km/h fahren konnte. Damals fürchtete ich, mein Erpel wäre defekt. Doch hier tobten keine zwei muntere Zylinder, hier mühten sich zwei langsam müder werdende Beine ab.
Auf der linken Rheinseite lockte Strasbourg, doch das besuchte ich bereits vor Jahren, also heiter weiter. In Kehl verpflegte ich mich rundherum neu, das war sehr clever, denn es ging nach wie vor mit Gegenwind weiter auf Rheinau zu.
Die Radwegqualität in Kehl ließ reichlich zu wünschen übrig, doch mit vollem Bauch sieht die Welt anders aus. So langsam dämmerte es, es wurde kühler, es reichte mir, ich wollte ans Ziel. Da kam ich auf die total geniale Idee, den Rheinradweg zu verlassen und auf Rheinau zu eine Abkürzung zu nehmen. Honau und Diersheim zeigten sich als hübsche kleine Örtchen, doch dann verließen sie mich. Die Beschilderungen.
Welche überaus dämliche Idee!
Es war echt nix mehr ausgeschildert und zum allerersten Mal in meinem Leben fuhr ich mit der Navi-Ansage aus meinem Mobeilfon. Bis heute weiß ich nicht, wo ich lang fuhr, ich glaube da war auch ein großer Halbkreis mit drin. Eine Strecke führte mich nahezu zwei Kilometer schnurgeradeaus durch einen Wald. Es war mittlerweile dunkel und es wurde echt imposant. Die Radlampe beleuchtete die Schotterpiste, links und rechts von mir raschelte es, hetzte was weg, schummerige Lichter aus weiter Ferne ließen Bäume fahlen Schatten werfen, egal weil super, hier gab es nämlich keinen Wind!
Ein Anruf im Hotel in Rheinau sorgte dafür, dass mir noch ein Essen warm und in paar Bier kalt gehalten wurde. Trotz späterer Ankunft, das war supernett. Doch Bierchen kalt stellen war kaum nötig, ich kam trotz meines Radelns durchgefroren an.
Auf dem Tacho standen 130km Strecke.
Im Hotelrestaurant erbot ich erst einmal eine Flasche Wasser,
„Ein Glas?“
„Nein danke!“
Nach ganz wenigen Zügen war die Pulle leer.
Das Essen kam schnell, die Spätzle waren hin, der Braten aber lecker. Dazu und danach zischte ich mir - natürlich immer noch in Radkleidung - diverse Pilsbiere in einem dermaßen Tempo rein, dass der Motorradstammtisch nebenan aufmerksam wurde.
Als der Tank dann endlich voll war, wankte ich mit meinem Gepäck auf mein Zimmer, nahm ne flotte Dusche und fiel bleiern ins Bett. Man war ich fertig.